Nach dem Interview mit Andreas Magerl von Amiga Future habe ich heute das Glück euch ein weiteres Interview aus der Kategorie „Retro“ präsentieren zu dürfen. Diesmal konnte ich Petro Tyschtschenko – der Legende und dem Urgestein von Amiga Technologies – für ein Interview gewinnen! In diesem Interview liefert er uns einige Informationen und Background-Informationen rund um Commodore und den Amiga.
CC: Hallo Petro! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Die meisten Leser werden dich eher nicht persönlich kennen. Vielleicht kannst du dich einfach mal vorstellen?
PT: Lieber Dennis, danke für Dein Interesse einmal wieder an mich zu denken. Ich wurde 1943 in Wien geboren und habe 1982 bei Commodore in Frankfurt angefangen. Als Commodore mit Amiga in den Konkurs gegangen ist, das war 1994, habe ich bei der Escom AG ein neues zu Hause gefunden und meinen geliebten Amiga wieder zurück ins Leben gebracht. Leider ging dann Escom AG 1996 auch in den Konkurs. Wieder habe ich einen Investor gefunden, die Gateway 2000. Bis zu meinem Ausscheiden im Jahre 2001 war ich dann als Präsident und Geschäftsführer bei Amiga Technologies tätig. Leider gab es trotz anfänglicher Hoffnungen keine neuen Entwicklungen und keine Zukunft mehr für Amiga.
Petro Tyschtschenko
CC: Amiga-Fans werden dich ja primär als ehemaligen Chef von Amiga Technologies kennen. Wie bist du eigentlich zum Amiga und Amiga Technologies gekommen? Hast du schon immer mit Computer zutun gehabt und stehst du eigentlich immer noch in Kontakt mit den ehemaligen Amiga-Mitarbeitern?
PT: Als ich 1982 bei Commodore angefangen habe kam ich aus der Kopier- und Druckindustrie. Mit den ehemaligen Mitarbeitern habe ich eigentlich seit 2005 keinen direkten Kontakt mehr gehabt. Meine Amiga Fan Gemeinde dagegen ist mit mir über Facebook in regem Kontakt.
Commodore in Frankfurt (1993)
CC: Leider gibt es den Amiga in seiner ursprünglichen Hardware-Form nicht mehr. Lediglich das Betriebssystem AmigaOS wird als Software noch weiterentwickelt. Welche Fehler seitens Commodore, Escom und Gateway haben deiner Meinung nach zum mehrfachen Untergang des Amigas geführt?
PT: Während meiner Zeit als Präsident habe ich das OS 3.1 Betriebssystem auf 3.5 weiterentwickelt. Mein Plan war Amiga auf eine neue Plattform zu bringen und mit Gateway zusammen, dem Investor, einen Power PC zu entwickeln. Konvergenz Computer war meine Vision. Leider hat sich Gateway dann unerwartet aus dem Geschäft zurückgezogen. Ohne Geld ist natürlich keine Weiterentwicklung möglich. Neue Investoren zu finden war ein Projekt ohne Erfolg.
CC: Wer hat aktuell eigentlich die Rechte an den Markennamen Commodore und Amiga? Besteht die Chance, dass irgendwann mal wieder eine eigenständige Firma wie Amiga Technologies stehen wird?
PT: Ich meine Gateway hat immer noch Rechte an den Amiga Patenten. Der Markenname Commodore wurde seinerzeit vom Konkursverwalter an Tulip Computers verkauft. Wo er heute ist, weiß ich leider nicht. Manche Firmen sind noch Lizenznehmer. Cloanto, Amino und Hyperion soviel ich weiß.
CC: Du hast bestimmt auch von der inzwischen ebenfalls untergegangenen Firma Commodore USA gehört, die moderne PC-Hardware in Gehäusen mit der Form eines C64 und Amiga mit Commodore-Aufschrift verkauft habt. Hattest du mal Kontakt zu den Machern und wie fandest du deren Idee?
PT: Diese Aktion war mir von Anfang an suspekt und ich habe deshalb auch keinen Kontakt dazu aufgenommen.
CC: Obwohl es Commodore und Amiga in der ursprünglichen Form nicht mehr gibt, so existieren dennoch kleinere Projekte z.B. von Hyperion, A-Eon und ACube Systems, die den Amiga weiterhin die Stange halten. Verfolgst du diese aktuellen Entwicklungen rund um den Amiga? Begrüßt du diese Initiativen? Welche Tipps würdest du den Machern geben?
PT: Ja ich kenne solche Aktivitäten und ich begrüße alle Aktivitäten rund um meinen immer noch geliebten Amiga. Mein Typ: Wir brauchen einen Investor mit viel Geld und Zukunftsvisionen.
CC: Angenommen du könntest Amiga Inc. morgen als CEO übernehmen und Bill Gates – weil er Amiga dann doch etwas sympathischer findet wie Apple – würde dir 100 Mio. Startkapital geben: Wie würdest du an das Revival herangehen? Wie würden für dich die perfekten Next-Generation Amiga (z.B. „Amiga 1500“ für Heimanwender und „Amiga 5000“ für Professionals) aussehen? Würdest es unter dir neben Desktop-Rechnern auch Notebooks („AmigaBook“), Tablets („AmigaTab“), Amiga-Smartphones („AmigaPhone“) und Amiga-Spielekonsolen („AmigaBox“) geben? Was wären deine Visionen?
PT: Meine Vision wäre ein Tablet Amiga mit einem weiterentwickelten Amiga Betriebssystem.
Petro Tyschtschenko mit dem Walker-Prototyp
CC: Was viele interessieren dürfe: Gab es von Amiga Technologies neue Amiga-Prototypen die es nie zur Serienreife gebracht haben? Wie hießen diese, wie waren sie ausgestattet und warum haben sie es nicht in die Läden geschafft?
PT: Damals bei Amiga Technologies habe ich den Walker als neuen Nachfolger Amiga 1200 vorangetrieben. Es gibt leider nur 2 Prototypen davon. Einer davon ist in meinem Besitz. Er hat einen 030-Prozessor und ein CD-ROM-Laufwerk.
CC: Hast du selbst eigentlich auch noch einen Amiga oder arbeitest bzw. zockst du inzwischen doch eher auf einem klassischen PC? Wie sieht dein damaliger und heutiger Amiga-Fuhrpark aus?
PT: Ich betreibe, obwohl ich schon über 70 Jahre alt bin, immer noch eine eigene Firma. Da kommen klassische PCs zu Einsatz. Aber ich habe noch mein Museum: Amiga 1200, Commodore 64, Commodore SX-64, Amiga 1000, Amiga CD 32, Commodore Amiga CDTV, Walker, Commodore PET, etc.
Petro Tyschtschenko mit einem der letzte Amiga 1200 Magic Packs
CC: A propos arbeiten… Letzte Frage und dann darfst du ins Wochenende: Was machst du aktuell so, wenn du nicht gerade mit Fragen rund um das Thema Amiga gelöchert wirst? 😉
PT: Ich habe seit meinem Ausscheiden von Amiga im Jahre 2001 meine Firmen: Power Trading GmbH (zwischenzeitlich verkauft) Power Trading Hong Kong Ltd (zwischenzeitlich aufgelöst) und Power Service GmbH (immer noch aktiv) gegründet. Mit Power Service GmbH betreibe ich einen Exporthandel mit Messinstrumenten von ABB „Made in Germany“ nach Asien. In meiner Freizeit bin ich für krebskranke Patienten tätig und betätige mich als OnBoard-Kurier bei einer Lufthansa Tochter. Ich transportiere menschliche Stammzellen für Krebskranke unentgeltlich meistens in die USA und nach Indien. Und das so ein bis zweimal im Monat.
CC: Vielen Dank für das Interview, Petro! Ich wünsche weiterhin viel Spaß und Erfolg auf deinen Wegen.
PT: Herzlichen Dank und viele Grüsse an alle meine Amiga Freunde. Bleibt aktiv und unserem Amiga treu. Amiga make it possible.